Der Frühling ist da und das bedeutet, dass auch bald die Weidesaison beginnen kann. Endlich wieder das frische Gras und den Tag auf der grünen Wiese genießen zu können, darüber freut sich wohl jedes Pferd oder Pony. Doch gerade nach der Winterzeit muss die Umstellung auf frisches Gras langsam erfolgen, um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden. Daher sollten einige Dinge beachtet werden, bevor die Pferde Wiesen und Weiden unbekümmert genießen können.
Die Umstellung von überwiegend Boxenhaltung auf Weidehaltung bedeutet auch eine Veränderung in der Ernährung des Pferdes. Der Wechsel von trockenem, rohfaserreichem aber eiweißarmem Heu auf das rohfaserarme, eiweißreiche Gras mit hohem Wassergehalt kann die Verdauung des Pferdes durcheinanderbringen. Die Folge können Durchfälle, Koliken oder auch Entzündungen wie zum Beispiel Hufrehe sein. Normalerweise helfen bestimmte Darmbakterien das Weidegrün ordentlich zu verdauen, diese sind jedoch in den grünfutterlosen Wintermonaten nur in sehr geringen Mengen im Pferdedarm enthalten und müssen sich im Frühjahr erst langsam wieder nachbilden. Das geschieht durch gezieltes und dosiertes Anweiden ganz behutsam. Pferde, die das ganze Jahr über auf wechselnden Wiesen stehen, vollziehen dieses Vorgang von alleine und haben daher auch seltener Nebenwirkungen in Form von Beschwerden.
5 Regeln für richtiges Anweiden
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Übergang von der Stall- auf die Weidesaison langsam gestalten
Die Übergangphase zwischen Stall- und Weidehaltung sollte in der Regel mindestens 2 bis 4 Wochen betragen. Dabei wird in der ersten Woche mit 15 Minuten Grasen begonnen und während der kommenden Wochen langsam gesteigert. Weitere Infos dazu und wie die Wochen des Anweidens gestaltet werden können, lest ihr weiter unten. -
Während der Umstellung sättigt Heu vor dem Weidegang
In der Übergangphase sollte das Pferd vor dem Weidegang ausreichend mit Heu gefüttert werden, damit es sich daran satt fressen kann und nicht mit zu viel Heißhunger auf die Wiese kommt. Dadurch frisst das Pferd weniger gierig das frische Gras. Zur vorherigen Fütterung eignet sich als Ausgleich am besten rohfaserreiches, eiweißarmes Heu. -
Das Pferd gut beobachten
Das Gras im Frühjahr hat einen besonders hohen Eiweißgehalt. Bei einem zu schnellen Übergang von Stall- auf Weidehaltung kann die plötzlich erhöhte Eiweißzufuhr den Stoffwechsel des Pferdes, insbesondere Leber und Nieren, stark belasten. Ein typisches Zeichen für einen Eiweißüberschuss sind angelaufene Pferdebeine, die als Warnsignal ernst genommen werden sollten. Koliken sind bei einer Umstellung nicht selten und können sich durch häufiges Wälzen oder Flehmen oder durch ausbleibendes Äppeln ankündigen. Daher sollte das Anweiden gewissenhaft durchgeführt werden und das Pferd während dieser Zeit aufmerksam beobachtet werden. -
Zu kurzes Gras sollte vermieden werden
In der Regel ist kurzes Gras besonders eiweißreich und hat zusätzlich einen erhöhten Fruktangehalt. Eine erhöhte Fruchtzuckeraufnahme des Pferdes kann zu einer Übersäuerung des Milieus im Darm führen, wodurch die nützlichen Darmbakterien absterben. So werden Giftstoffe freigesetzt, die wiederum vom Blut aufgenommen werden und Blutgerinnsel bilden. Eine mögliche Folge ist zum Beispiel akute Hufrehe.
Eine weitere Folge von zu kurzem Gras können geschwollene Ohrspeicheldrüsen sein. Auf kurzen Wiesen, grasen Pferde pausenlos, um satt zu werden und halten den Kopf dauerhaft in tiefer Haltung am Boden. Durch das Kauen wird der Speicherfluss angeregt, das kurze Gras benötigt aber weniger Einspeichelung. Der überflüssige Speichel kann durch die dauerhaft tiefe Kopfhaltung jedoch nicht wie gewohnt abfließen. -
Bewegung vor dem Weidegang wirkt Übermut entgegen
Jedes Pferd brennt darauf, endlich wieder auf die Wiese zu dürfen. Übermut in Form von Bocksprüngen, Rennen oder Haken Schlagen werden daher beim ersten Weidegang oft gesehen. Wenn das Pferd zum Übermut neigt, empfiehlt es sich, vor dem Weidegang das Pferd zu bewegen zum Beispiel durch Training oder einen Ausritt. Schritt führen oder Longieren bietet sich ebenfalls an, damit zumindest Muskulatur, Sehnen und Gelenke bereits aufgewärmt werden und dadurch weniger verletzungsanfällig sind.
Der 4-Wochenplan fürs Anweiden
Woche 1: Am ersten Tag des Anweidens sollte das Pferd nur 15 Minuten grasen gelassen werden. Das kann am besten mit Halfter an der Hand geschehen. Jeden zweiten Tag sollte die Fresszeit um jeweils 15 Minuten verlängert werden. Bei den verlängerten Weidezeiten kann das Pferd auch frei Begleitung anderer Pferde auf die Wiese gelassen werden. Dabei sollte aber beobachtet werden, wie viel Zeit das Pferd wirklich mit Fressen verbringt, damit das Pferd wirklich genug Gras aufnimmt, um den Darm daran zu gewöhnen.
EQUIVA Tipp: Dicke oder kranke Pferde sind anfällig für Hufrehe und Koliken. Hier sollte besonders behutsam vorgegangen werden, Fressintervalle im Zweifel kürzer gewählt werden und Rücksprache mit dem Tierarzt gehalten werden.
Woche 2: In der zweiten Anweidewoche kann das Pferd zunächst jeweils morgens und abends eine Stunde auf die Wiese. Jeden zweiten Tag sollte die Fresszeit morgens und nachmittags um jeweils eine halbe Stunde verlängert werden, sodass das Pferd am Ende der zweiten Woche insgesamt 4 Stunden pro Tag auf der Wiese verbringt.
Woche 3: In der 3. Woche sollte so vorgegangen werden wie in der Woche zuvor. Hat das Pferd nach dem Weidegang erst einmal keinen Hunger auf Heu, sollte die Weidezeit am nächsten Tag zunächst nicht verlängert werden.
Woche 4: Jetzt kann das Pferd ganztags auf die Wiese.
Natürlich ist die Umgewöhnungsphase bei jedem Pferd anders und das Pferd sollte in dieser Zeit genau beobachtet werden. Bei jedem Pferd kann die Umstellung länger oder kürzer dauern, behutsames Anweiden kann im Zweifel jedoch nie Schaden.
EQUIVA Tipp: Muss das Pferd innerhalb der Anweidungsphase eine mehrtätige Koppelpause einlegen, sollte wieder von vorne begonnen werden. Das Verdauungssystem kann sich nur dann auf frisches Gras umstellen, wenn die Mikroorganismen im Darm täglich Gras verwerten.
Verhält sich das Pferd während des Anweidens untypisch oder zeigt oben beschriebene Nebenwirkungen wie Anzeichen einer Kolik oder Hufrehe, sollte in jedem Fall ein Tierarzt zu Rate gezogen werden.