Es handelt sich grundsätzlich um eine Entzündung Huflederhaut. Die Hufrehe wird auch als Laminitis bezeichnet. Durch die auftretende Entzündung kann sich die Hufkapsel von der Lederhaut ablösen. Je nach Ausprägung kann die Hufrehe schnell lebensbedrohend sein und ist für das Pferd extremst schmerzhaft. In der Regel sind zunächst die Vorderhufe betroffen, da sie das meiste Gewicht tragen. Akute Hufrehe ist ein Notfall und bedarf der sofortigen Behandlung.
Das Pferd gehört zu den sogenannten Zehengängern. Das gesamte Körpergewicht wird von der Gesamtstruktur des Hufes getragen. Außerdem federt und dämpft der Huf einwirkende Kräfte aus der Bewegung heraus. Der Huf selbst besteht aus vielen unterschiedlichen Geweben und Strukturen. Im Huf befindet sich das Huf- und Strahlbein. Der untere Teil des darauf folgenden Kronbeins wird noch dem Huf zugeordnet. Wie bei allen Gelenken befindet sich zwischen dem Knochen Knorpelgewebe. Die Knochen werden vom Strahlpolster unterhalb und vom Kronpolster rund um den Kronrand sowie dem Ballenpolster umschlossen und sind direkt mit dem Knorpel verbunden. Diese Konstruktion wird von der Huflederhaut umgeben und stellt damit eine feste Verbindung zwischen dem Knochen und der Hufkapsel dar. Die Huflederhaut ist also das Bindeglied zwischen dem Skelett, den Weichstrukturen und der harten Außenhülle: dem Hufhorn. Die Huflederhaut hat in unterschiedlichen Hufteilen auch verschiedene Aufgaben, weswegen man sie entsprechend ihrer Funktion und Aktivität in die Sohlenlederhaut, Ballenlederhaut und Strahllederhaut sowie die Kronlederhaut und die Saumlederhaut einteilen. Die Wandlederhaut setzt die Kronlederhaut nach unten hin fort und stellt den flächenmäßig größten Teil der gesamten Lederhaut dar. Diese zeichnet sich durch eine feine Blättchenstruktur aus, die ganz ähnlich wie ein Klettverschluss funktioniert und damit eine bewegliche, aber sehr stabile Verbindung zwischen den äußeren Hufanteilen bildet. Die gesamte äußere Schicht nennt man Hufkapsel. Sie besteht aus der Sohle und der äußeren Hufwand. Bei Hufrehe kommt es zu einer Entzündung der Huflederhaut, was die Folge hat, dass diese zerstört werden kann. Durch die Zerstörung der Lederhaut löst sich die äußere Hufstruktur, die Hufwand von der inneren Struktur. Die akute Hufrehe wird nach einem Vierstufenmodell eingeteilt. Je nach Erkrankungsgrad kann dieser Prozess nicht mehr aufgehalten werden und die Hufkapsel löst sich vollständig ab. Diesen Vorgang bezeichnet man als Ausschuhen.
Hufrehe ist eine der gefährlichsten Erkrankungen für ein Pferd. Dabei entsteht eine immense Störung in der Mikrozirkulation der Huflederhaut und der Huf schwillt an. Durch die Schwellung entstehen Ödeme und Flüssigkeit tritt aus den Zellen. Da die Hufkapsel starr ist und sich nicht ausdehnen kann, drückt diese Schwellung im Inneren, was, wie man sich vorstellen kann, extrem schmerzhaft ist. Reiter mit zu engen Stiefeln, aus denen man kaum herauskommt, können sich annähernd vorstellen, wie heftig der Schmerz ist. Der Flüssigkeitsaustritt fördert weiterhin die Ablösung der Leder- und Oberhautblättchen. Folglich löst sich die Hufkapsel von der Lederhaut. Die Huflederhaut stellt die wichtige Verbindung von Hufhorn zum Hufbein dar. In den meisten Fällen sind nur die Vorderhufe betroffen. Im weiteren Verlauf kann es zu einer Hufbeinrotation oder auch im schlimmsten Fall zu einem Hufbeindurchbruch oder zum Ausschuhen kommen. In einer Studie von Stick et al. 1982 wurden verschiedene Pferde mit Hufrehe verglichen. Dabei war der Grad der Hufbeinrotation entscheidend für einen späteren Wiedereinsatz im Sport.
Pferde mit einer Rotation von weniger als 5,5 Grad haben eine größere Chance wieder zurück in den Sport zu finden. Wohingegen Pferde mit einer Rotation von mehr als 11,5 Grad nicht mehr in den Sport zurückfinden. Interessant ist dabei ebenfalls, dass Ponys eher zu einer Rotation des Hufbeins neigen als Pferde. Bei einem Hufbeindurchbruch tritt das Hufbein durch die Sohle durch infolge einer extremen Rotation des Hufbeins. Beim Ausschuhen löst sich die Hufkapsel vom Hufbein. Eine akute Rehe ist immer ein Notfall! An dieser Stelle ist immer tierärztlicher Rat einzuholen, je schneller desto besser. Denn ein frühzeitiges Erkennen ist für die Dauer und die Heilungschancen extrem wichtig!
Hufrehe kann aus sehr unterschiedlichen Gründen entstehen. Man spricht hier von der Futterrehe, metabolische Hufrehe, Belastungsrehe, Vergiftungsrehe, Medikamentenrehe und die Geburtsrehe. Der häufigste Auslöser ist eine dauerhafte Überfütterung des Pferdes mit Kohlenhydraten aus Gras, Heu oder zu viel Getreide. Einerseits führt eine dauerhafte Überfütterung zu Adipositas und in der Folge zu einer metabolischen Erkrankung wie dem Equinen metabolischen Syndrom (EMS) oder der Insulinresistenz (IR). Es kann zu einer starken Verschiebung der Darmflora kommen, deren Folge es zu einer sprunghaften Produktion von Milchsäure im Dickdarm kommt. Hier kann es zu einer Kettenreaktion kommen, wo es zum Verlust eines weiteren Teils der Darmflora kommt und große Mengen an Endotoxinen zu einer Vergiftung führen kann. Ein ähnlicher Prozess beginnt auch, wenn Pferde zu früh oder zu schnell (zum Beispiel bereits im März) angeweidet werden oder unvorbereitet stark zuckerhaltiges Wintergras fressen. Besonders das Anweiden oder auch das Dauerweiden auf zu reichhaltigen Wiesen stellt ein großes Risiko für Pferde dar. Dabei gilt vor allem im Frühjahr: Je später das Anweiden beginnt, desto besser. Auch überweidete Flächen und kurze abgenagte Flächen sind enorm zuckerhaltig und sind daher nicht als „Magerweide“ zu betrachten. Schwere Überversorgungen mit anderen Nährstoffen wie zum Beispiel Selen können Hufrehe auslösen und sollten unter allen Umständen vermieden werden. Auch die Gabe an große Mengen Äpfel, Möhren oder Rote Beete können Futterrehe auslösen. Ist das Pferd lange Zeit adipös und kommt es zu EMS und IR, kann Hufrehe durch eine massive Akkumulation von Insulin und Glucose im Blut ausgelöst werden. Vor allem dann, wenn das Übergewicht und die metabolische Störung schon sehr lang und sehr ausgeprägt besteht. Auch PPID bzw. Cushing kann die Hufrehe, durch massive hormonelle Verschiebungen auslösen. Auf der anderen Seite kann auch das unsachgemäße herunter Hungern von Pferden eine sogenannte Hyperlipämie auslösen, bei der größere Mengen an gelöstem Körperfett im Blutstrom die feinen Kapillargefäße der Lederhaut verstopfen und damit zu einer schweren Durchblutungsstörung führen. Eine Überbelastung des Hufapparats, zum Beispiel durch nicht ausreichenden Hufschutz, kann zu einer Huflederhautentzündung führen. Ein Sohlentrauma kann eine solche Entzündung zur Folge haben. Vergiftungen durch Pflanzen oder Toxine wie Herbizide oder Schimmelpilze können Hufrehe in der Folge erzeugen. Zu der Vergiftungsrehe gehört im weitesten Sinne auch die Geburtsrehe, bei der es zu einer Vergiftung durch nicht ausgeschiedene Teile der Plazenta in der Gebärmutter kommt. Auch postoperativ, nach Koliken oder Kreuzverschlägen, schwerer Dehydration, übermäßig starker Belastung sowie bei schwerem Leberversagen kann Hufrehe entstehen. Oft sind es Kombinationen aus vielen einzelnen Faktoren.
Pferde mit Hufrehe müssen direkt von einem Tierarzt versorgt werden. In der Regel wird auch der Hufschmied oder Hufbearbeiter hinzugezogen. Als Erstversorgung wird das Pferd auf einen absolut weichen Untergrund gestellt. In den meisten Fällen müssen die Hufe dauerhaft und nachhaltig für viele Stunden gekühlt werden. Das kann mit Eis geschehen oder auch Kühlpads. Allerdings dürfen Rehehufe keinesfalls unterkühlt werden, weswegen das Eis nie direkt auf den Huf gelangen darf. Darüber hinaus gibt es zahlreiche mögliche Behandlungen von Eingipsen des Hufes über Polster- und Keilverbände, Sohlen- und Strahlunterstützung, Aderlass, Blutegel und Medikamente. Je nach Auslöser der Hufrehe entscheidet der Tierarzt welche Therapie in den ersten 48 Stunden sinnvoll ist. Dazu gehört auch die entsprechende Bearbeitung und direkt Versorgung der Hufe sowie ein umfassendes Schmerzmanagement, um Schmerz- und Stresskoliken sowie Kreuzverschläge zu vermeiden. Zudem muss das Trinkverhalten überwacht werden. Ein Pferd mit Hufrehe darf nicht bewegt werden und muss absolute Boxenruhe halten, bis die Entzündung abgeklungen ist.
Wenn eine akute Rehe nicht oder nicht schnell genug behandelt wurde kann es zu einer chronischen Rehe mit Hufbeinabsenkung kommen. Dies geschieht zumeist 48 bis 72 Stunden nach Beginn der akuten Rehe. Die Pferde liegen in diesem Stadium häufig, nehmen eine deutlichere Sägebockstellung ein und/oder haben eine Symptomatik ähnlich eines Kreuzverschlags. Es ist ein deutlicher Puls in der Zehenarterie zu fühlen. Die Pferde haben keinen Appetit und sind apathisch. Im weiteren Verlauf lässt sich am Huf eine verbreiterte weiße Linie erkennen sowie eine vorgewölbte Hufsohle. Mehrere Hornringe laufen dann nicht mehr parallel und der Huf hat eine schlechte Hornqualität. Diese Hornringe sind eine mögliche Ursache für das verminderte Längenwachstum des chronischen Rehehufs.
Jeder Pferdehalter sollte immer danach bestrebt sein, Hufrehe zu vermeiden. Dazu gehört, das Pferd zunächst immer in einem guten Gewichts- und Trainingszustand zu erhalten. Überfütterung und langanhaltendes Übergewicht sollte vermieden werden. Dazu gehört auch eine pferdegerechte Laufhaltung. Bei manchen Rassen kann es sein, dass eine reine Fütterung von Heu nicht möglich ist, sondern immer mit einer Mischration aus Heu und Stroh gearbeitet werden muss. In der Anweidezeit sollte spät und langsam angeweidet werden. Je nach Region und Qualität der Weide, kann es sein, dass eher leichtfuttrige Rassen nicht uneingeschränkt auf die Weide gehen können, sondern dass auch der Weidegang zeitlich begrenzt sein muss. In der restlichen Zeit sollte das Pferd Zugang zu einer Mischung aus Raufutter sowie entsprechend vitaminisierten Futtermitteln haben, da in Heu und Stroh weniger Vitamine enthalten sind als in Weidegras. Darüber hinaus sollte der Pferdebesitzer genaue Kenntnis über die Futtermittel und Mengen haben, die sein Pferd erhält, um Überschüsse und toxische Dosen von Nährstoffen unter allen Umständen zu vermeiden. Auch das Risiko der Vergiftung muss jederzeit minimiert werden. Werden Pferde viel geritten, kann ein Hufschutz notwendig sein. Zeigt das Pferd bereits Fühligkeit, sollte schnell ein Tierarzt sowie Hufschmied oder Hufbearbeiter zurate gezogen werden. Gerade unklarem Gang oder einem immer langsamer werdenden Pferd ist Eile geboten.
Unterstützung durch Futter – wie helfe ich meinem Pferd bei einer Hufrehe
Akutfälle wird der Tierarzt in der Regel eine Reduktion der Raufutterzufuhr auf 1-1,5 Rohfaser je 100 kg Körpermasse anordnen. Es kann notwendig sein, dieses Heu zusätzlich 20 Minuten in lauwarmem Wasser einzuweichen und gut abzuspülen, um lösliche Kohlenhydrate auszuwaschen. Das Heu kann dann mit max. 0,5 kg Stroh je 100 kg angereichert werden, um Fresspausen so gering wie möglich zu gestalten. Zusätzlich kann ein Magenschoner notwendig werden. Nach der akuten Phase kann in Absprache des Tierarztes die Eiweißration so angepasst werden, dass das Pferd ausreichend Nährstoffe hat, um gesundes Hufhorn zu produzieren. Dauerhafte Mangelernährung im Eiweißbereich hingegen verlängert die Rekonvaleszenzzeit. Die Zufuhr an Spurenelementen sowie Vitaminen muss kontrolliert und an die Inhaltsstoffe aus dem Raufutter angepasst werden. Das ist unumgänglich. Falls es sich um ein adipöses Pferd handelt, sollte die Gewichtsreduktion langsam geschehen. Zu schnelles abnehmen fördert die Gefahr einem erneuten Hufreheschub.