Pferdepflege

Und tschüss, Plüsch: Wissenswertes übers Scheren von Pferden

Veröffentlicht am 31.07.2023
Die Temperaturen fallen, die Frisur sitzt: Über den Herbst hat sich das Pferd ein dickes Winterfell zugelegt – Modell „Teddy“. Beim Reiten gerät es nun ordentlich ins Schwitzen und kommt schneller aus der Puste. Nach der Arbeit braucht der Plüsch stundenlang, bis er trocknet. Das Pferd steht verschwitzt in der Box oder im Offenstall. Für viele Pferdehalter und Pferdehalterinnen steht spätestens jetzt fest: Die Wolle muss weg! Doch Pferde scheren scheint eine Wissenschaft für sich – welche Schur ist die richtige? Darf ein Pferd im Offenstall überhaupt geschoren werden? Wie schert man überhaupt richtig? Wann? Und wie oft? Fragen, fast so zahlreich, wie die Haare, die weg sollen. Dieser Ratgeber beantwortet sie.
Ab oder nicht? Warum muss man ein Pferd überhaupt scheren?

„Scheren oder nicht“ ist alle Jahre wieder ein heißes Diskussionsthema im Stall. Dabei fällt auch immer wieder der Begriff Thermoregulation. Die Thermoregulation ist der natürliche Schutzmechanismus des Pferdes gegen Temperatureinflüsse. 

Bei Kälte verlangsamt sich die Herzfrequenz, die Stoffwechseltätigkeit erhöht sich, die Gefäße der Pferde ziehen sich zusammen. So geht weniger Wärme über ihre Hautoberfläche verloren. Die Deckhaare und die Unterhaare stellen sich auf – es entsteht ein Luftpolster, welches das Pferd hervorragend vor Kälte schützt. Bis zu minus 15 Grad machen dem gesunden Vierbeiner im Winter nichts aus – vorausgesetzt, er ist mit einem dicken Winterfell ausgestattet. Ein Pferd, welches zur kalten Jahreszeit keine schweißtreibende Arbeit verrichten muss, benötigt keine Schur. Auch im Offenstall sind Pferde durch ihren Pelz bestens geschützt. Selbst leichte Arbeit stellt kein Problem dar – ist das Fell danach nur etwas feucht, ist noch kein Scheren notwendig. Anders sieht es aus, wenn das Pferd auch im Winter in intensiver Arbeit steht. Zum einen senkt das dicke Fell dann die Leistungsfähigkeit, zum anderen trocknet das Pferd nur sehr langsam, wenn es stark verschwitzt ist. In diesem Fall sollte das Fell fallen – das Pferd benötigt dann an kühlen Tagen aber auf jeden Fall eine schützende Decke. Die Dicke der Pferdeecke hängt vor dabei von der Art der Schur, der Temperatur und der Witterung ab.

Wann sollte ich das Pferd scheren?

Der beste Zeitpunkt, um das Pferd in der Wintersaison erstmalig zu scheren, ist Ende Oktober bis Anfang November. Je nach Intensität des Haarwuchses, kann es sich empfehlen, im Januar oder Februar nochmal nachzuscheren. Anders ist der Fall, wenn das ältere Pferd seinen Winterplüsch nicht mehr verliert, oder bei Pferden mit Cushing. Sie haben mitunter auch im Frühjahr oder Sommer mit einem dichten Haarkleid zu kämpfen – Scheren kann hier eine Erleichterung sein. 

Wenn im März oder April die Temperaturen schlagartig steigen, scheren einige Pferdehalter:innen ihre Tiere auch im Frühling, zusätzlich zum Scheren im Herbst oder Winter.

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Schermuster – Teilschur, Vollschur oder Streifenschur?

Es gibt unterschiedliche Arten, ein Pferd zu scheren. Dabei ist die Wahl der Frisur keine Frage der Mode, sondern ihres Zwecks. Diese Schermuster sind am weitesten verbreitet:

1. Vollschur

Hier wird das gesamte Fell geschoren, inklusive Kopf und Beine. Die Vollschur bietet keinen Schutz vor Kälte und sollte daher nur durchgeführt werden, wenn das Pferd im Hochleistungssport aktiv und Wind und Wetter nicht schutzlos ausgeliefert ist.

2. Bib-Schur

Bei diesem Schermuster werden nur die Unterseiten von Hals und Bauch geschoren, in manchen Fällen auch nur das Fell am vorderen Hals. Der Vorteil der beliebten Bib-Schur: Sie ist schnell erledigt und bietet Pferden durch das Erhalten des Fells am Rest des Körpers Schutz an kalten und nassen Tagen.

3. Hunter-Schur

Im Gegensatz zur Vollschur bleibt das Fell an Beinen und in der empfindlichen Sattellage stehen. Dies bietet mehr Schutz als die Vollschur, erfordert dennoch ein intensives Decken-Management, da der Körper des Pferdes größtenteils ungeschützt bleibt. Besonders eine Nierendecke ist wichtig, da dieser sensible Bereich durch das fehlende Winterfell besonders kälteempfindlich ist.

4. Decken-Schur

Bei der Decken-Schur bleibt das Fell im Rücken- und Nierenbereich und an den Beinen erhalten. Dieses Muster wird häufig bei Pferden angewendet, die intensiv im Training stehen, aber ihre Freizeit häufig an der frischen Luft verbringen. Das Eindecken erfolgt meist mit einer leichten Pferdedecke.

5. Chaser-Schur

 Im Gegensatz zur Decken-Schur wird bei diesem Schermuster das Fell am oberen Hals stehen gelassen. Auch an den Beinen und im gesamten Rückenbereich bleibt der Pelz plüschig.

6. Rallye-Schur

Der beliebte Streifenschnitt, auch als Trace-Schur bekannt, wird auch bei Pferden im Offenstall eingesetzt. Kopf, Rücken, Beine und Nieren kommen ungeschoren davon, lediglich ein Streifen von der Gamasche bis zur Hinterhand wird mit der Schermaschine entfernt.

7. Irish-Schur

Auch die Irish-Schur ist schnell erledigt. Hier wird das Pferd nur dort rasiert, wo es am meisten schwitzt: Am Hals, an der Brust und am Bauch hinter den Vorderbeinen.

Scher-Schablonen

Zusätzlich zu den zweckmäßigen Mustern, gibt es darüber hinaus Schablonen für Schermuster bei Pferden, mit Motiven, die ganz allein dem Spaß an der Freude dienen.

FAQ / Häufige Fragen

Perfekt für jeden Pelz! Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl an Schermaschinen für Pferde. Die beliebtesten Geräte überzeugen dabei durch eine einfache Handhabung, ein geringes Gewicht und eine geringe Lautstärke und machen sowohl mit Kabel als auch mit Akku einen zuverlässigen Job. Unterschieden wird zwischen: 

  • Schermaschine mit Akku: Sie ermöglicht maximale Flexibilität und ist in der Regel ähnlich leistungsstark wie eine kabelgebundene Schermaschine. Ohne ein Kabel ist das Scheren in der Regel einfacher, außerdem besteht keine Verhedderungsgefahr für Vier- und Zweibeiner. 
  • Schermaschine mit Kabel: Wer nicht auf das Laden des Akkus warten möchte, ist mit einer Schermaschine mit Kabel gut beraten. Das kann sich zum Beispiel empfehlen, wenn mehrere Pferde hintereinander geschoren werden sollen. In der Regel ist die kabelgebundene Schermaschine etwas preisgünstiger als das Gerät mit Akku. 
  • Trimmer/Detailschermaschine: Der Trimmer eignet sich für Details an Kopf und Beinen und für Muster, die mit einer Schablone angefertigt werden.

Neben der Art der Schermaschine für Pferde sollten beim Kauf weitere Punkte beachtet werden: 

  • Lautstärke: Bei sensiblen Pferden sollte auf ein Gerät mit einer besonders geringen Lautstärke zurückgegriffen werden. 
  • Gewicht: Je leichter die Schermaschine, desto weniger Muckitraining für den Friseur oder die Friseurin – wer’s lieber leicht mag, sollte daher auf das Gewicht der Schermaschine achten. 
  • Schnittfläche: Je breiter die Schnittfläche, desto schneller geht die Schur vonstatten. Für die empfindlichen Bereiche am Kopf und an den Beinen empfiehlt sich jedoch ein Trimmer bzw. eine Detailschermaschine mit einer schmaleren Schnittfläche.

Die Schermaschine ist startklar, das passende Schermuster ist ausgewählt, nun geht’s an die Arbeit. Apropos Arbeit: Das Pferd sollte sich vor dem Rasieren ausgepowert haben – dann bringt es deutlich mehr Geduld für den Schervorgang mit. Auch ein Heunetz in Reichweite kann dem Pferd die Wartezeit angenehm vertreiben. 

Das Fell sollte vor der Rasur sauber und trocken sein – schmutziges und sandiges Fell macht die Schneidemesser der Schermaschine stumpf! 

Wer ungeübt ist, kann das gewünschte Schermuster vorab einfach mit Kreide auf das Pferd zeichnen. Zunächst sollte an einer unempfindlichen Stelle des Pferdekörpers begonnen werden. Gearbeitet wird von hinten nach vorne, gegen die Wuchsrichtung des Fells. Die Schermaschine sollte nah am Körper angesetzt werden. Haut, die sich aufwölbt oder Falten wirft, immer glattziehen. An den Beinen und am Kopf besonders vorsichtig arbeiten. Achtung: Die Haare in den Ohren zu rasieren und das Entfernen der Tasthaare im Bereich des Mauls und der Augen ist verboten und sollte, zum Wohle des Pferdes, auf jeden Fall unterlassen werden!

Damit der Scherenkopf nicht stumpf wird, sollte er nur auf sauberem Fell angewendet werden. Vor Überhitzung und Rost schützt spezielles Schermaschinenöl als Zubehör. Es kann zwischendurch als Spray auf die Schnittflächen aufgetragen werden. Für die Entfernung von Fellresten und Schmutz eignet sich ein Pinsel oder eine weiche Bürste.

Pferde, die im Offenstall gehalten werden, brauchen ihr dichtes Winterfell um sich vor Regen, Wind und Kälte zu schützen. Wer sein Pferd im Offenstall dennoch scheren möchte, sollte eine Teilschur wählen. Hier bleiben die empfindlichen Bereiche geschützt. Der Decken- oder Rallyeschnitt ist für Pferde im Offenstall am besten geeignet.