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Alte Pferde stellen den Besitzer und Stallbetreiber gleichermaßen vor große Herausforderungen. Wie Pferde altern, ist jedoch sehr individuell. Es gibt auch kein „Alter“ oder Jahreszahl, ab wann ein Pferd als „alt“ gilt. Die Lebenserwartung unserer Pferde steigt kontinuierlich an. Dies ist abhängig von der Rasse, der Haltung, der Ernährung, der allgemeinen Gesundheit und der Belastung des Pferdes.
Die Zahl der alten Pferde steigt in Europa kontinuierlich. Aktuell liegt das Pferdealter im Durchschnitt bei 17 Jahren. Natürlich gibt es je nach Rasse genetische Unterschiede. Gerade kleine Pferderassen werden oft sehr alt. Der Grund des beständigen Anstiegs der Lebenserwartung liegt vor allem an den viel artgerechteren Haltungsformen, aber natürlich auch an der weniger intensiven „Nutzung“ der Pferde. Pferde, die 25 oder sogar 35 Jahre alt werden, sind heute keine Seltenheit mehr. Wann ein Pferd alt wird, ist individuell. Ein Pferd, welches sehr vielen ungünstigen Einflüssen ausgesetzt ist, altert früher. Großer Stress, schlechte Ernährung in Form von Über- oder Unterernährung, übermäßige oder unsachgemäße Nutzung und schlechte Reiterei lassen ein Pferd schnell alt werden. Je größer die Belastung ist, der das Pferd ausgesetzt wird, ist desto eher altert ein Pferd. Das bedeutet jedoch nicht, dass jeglicher Stress und Belastung negativ zu bewerten ist – im Gegenteil. Ein bisschen Anregung ist förderlich für die Gesundheit. Wenn das passende Maß von Haltung, Fütterung und Nutzung eingehalten wird und das Pferd auch genetisch gut aufgestellt ist, kann ein Pferd aber auch gesund alt werden. Die Alterung ist nicht aufzuhalten und schreitet bei jedem Pferd unterschiedlich schnell voran. Meist sieht man erste Anzeichen der Alterung ab dem 15ten bis 18ten Lebensjahr. Die ersten Haare werden grau und die Gesichtszüge etwas markanter oder kantiger. Das Bindegewebe der Pferde wird etwas schlaffer. Die Oberlinie bildet sich zurück und die Muskulatur schwindet langsam. Die Zahnsubstanz wird schlechter und eventuell gehen auch Zähne verloren. Dazu kommen typische Altersbeschwerden wie Arthrose oder Spat. Gelegentlich erblinden alte Pferde oder werden dement. Auch Schlaganfälle kommen vor. Manche Pferde entwickeln PPID (Cushing) als Alterserkrankung, in seltenen Fällen auch das Equine Metabolische Syndrom (EMS) oder die Insulinresistenz (IR). Das Immunsystem von alten Pferden wird auch kontinuierlich schwächer, daher steigt die Infektionsneigung. Alte Pferde leiden häufiger an Hautpilz, Haarlingen, Milben oder Atemwegsinfekten. Auch virale Infektionen treffen das alte Pferd schnell mit voller Wucht. Je schlechter die Fähigkeit, Heu zu kauen ist, desto eher entstehen auch Probleme mit Mangelernährung. Ein stumpfes oder struppiges Fell, Huf- und Hautprobleme, Verdauungsprobleme wie Kotwasser oder Durchfälle, Aufgasungen und Immunprobleme können Anzeichen für Mangelerscheinungen und ein verändertes Fressverhalten aufgrund von Zahnproblemen und nicht angepasster Ration sein.
Der Körper verändert sich und damit der Nährstoffbedarf, aber auch der Anspruch an die Beschaffenheit der Futtermittel. Ob und wann ein Pferd eine Futteranpassung braucht, ist in erster Linie abhängig vom Energiebedarf und der Zahnqualität. Futtermittel für alte Pferde teilen sich in die beiden Hauptanforderungen: des Nährstoffgehaltes und der Beschaffenheit. Spätestens dann, wenn das Pferd beginnt Gewicht und Masse zu verlieren, muss die Ration überprüft werden. Dazu gehört dem Pferd genau bei der Futteraufnahme zu beobachten. Heu anzubieten reicht nicht aus. Man muss auch messen wie viel das Pferd davon frisst und ob es einen Teil wieder ausspuckt. Gerade wenn die Zähne schwinden, sollte dies alle 12 Wochen überprüft werden. Je älter ein Pferd wird, desto mehr Nährstoffe werden benötigt. Das liegt vor allem an der schlechter werdenden Resorptionsfähigkeit. Um dieser schlechter werdenden Resorption und dem höheren Bedarf durch die physiologische Alterung entgegenzuwirken, rechnet man bei alten Pferden mit einem Eiweißmehrbedarf von rund 10%-20 %. Je hochwertiger und vielfältiger die Proteine sind, desto besser. Vor allem die essenziellen Aminosäuren Lysin, Threonin und Methionin müssen bei alten Pferden im Auge behalten werden. Durch Futtermittel wie Leinsaat, Grünhafer, Bierhefe, Luzerne oder Reiskleie können diese Aminosäuren einfach zugeführt werden. Je nach Zustand des Pferdes kann auch der Bedarf an Energie aus Kohlenhydraten stark steigen. In Einzelfällen kann sich der Bedarf sogar fast verdoppeln. Dem sollte man frühzeitig mit einer Futterrationsanpassung begegnen, die jedoch mit Augenmaß erfolgen muss. Ansonsten magert das alte Pferd ab. Es bringt jedoch nichts, ein altes Pferd unnötig zu mästen. Auch Pferde, die ihr Leben lang eher dick waren oder sogar unter dem Equinen Metabolischen Syndrom (EMS) leiden, können im Alter dünn werden. Sind die Reserven dann erst einmal aufgebraucht, verliert das Pferd oft die volle Fähigkeit der Thermoregulation. Daher ist es häufig notwendig, das alte Pferd warm einzudecken. Die Aufnahme und Speicherfähigkeit von Mineralien sowie die Eigenproduktion von Vitaminen wird im Alter schlechter. Beides sorgt für einen Mehrbedarf. Vor allem die Gruppe der B-Vitamine, Vitamin C sowie Zink, Mangan, Eisen und Kupfer müssen oftmals in erhöhter Menge zugeführt werden. Etwas vorsichtig sollte man aber im Umgang mit Selen und Jod sein. Hier sind Überdosen schnell giftig und müssen vermieden werden. Neben der reinen Bedarfsdeckung an Nährstoffen ist auch die Beschaffenheit der Nährstoffe wichtig. Schwinden die Zähne, ist die Gabe von Heucobs oft unumgänglich. Je schlechter das Pferd Heu oder Gras verwertet, desto höher muss die Heucobgabe sein. Das kann dazu führen, dass für die letzte Lebensphase das Pferd rein aus Heucobs ernährt werden muss. Wenn der Energie- und Eiweißgehalt aus den Heucobs nicht ausreicht, ist Kreativität notwendig. Dann kann man die Ration mit Luzernecobs, Maiscobs, Haferflocken, aufgeweichte Gerstenflocken und sogar Maisflocken, Reiskleie sowie Rübenschnitzel ergänzen, um den gesteigerten Bedarf zu decken. Dabei muss der Futterbrei immer mit ausreichend Wasser oder Tee aufgegossen werden, um Schlundverstopfungen zu vermeiden. Natürlich gilt auch beim alten Pferd die Stärketoleranzgrenze von 2g Stärke/kg Körpermasse aufzuteilen in mehrere Mahlzeiten. Braucht man mehr Energie, kann die gezielte Gabe von Öl helfen. Mehr als 200ml, die in mehrere Rationen aufzuteilen ist, sollte es aber beim alten Pferd nicht werden. Darüber hinaus entwickelt viele alte Pferde seltsame Futtermarotten und man trifft nicht selten auf mäkelige Pferdesenioren, die nur Futtermittel essen, die ihnen gerade passen. Der Grund dafür ist die Veränderung der Geschmacksknospen. Viele alte Pferde mögen daher den kräftigen Geschmack von Futtermitteln. Hier ist Ideenreichtum und ein langer Atem notwendig, um den Geschmack des Pferdes zu treffen. Manche alten Pferde mögen Apfel- oder Möhrensaft gerne, andere bevorzugen eine Banane oder Kräutermüslis und Kräutersäfte im Futter. Einigen Pferden kann man mit einem Löffel Honig das Futter schmackhaft machen, andere mögen einen halben Teelöffel Salz oder Bierhefe in den Heucobs gerne. Auch Bockshornkleesamen, Fenchelsamen oder kleine Mengen Oregano als Tee aufgegossen können die Heucobs interessanter machen. Wenn man mit Geschmacksträgern zur besseren Akzeptanz von Futtermitteln arbeiten möchte, gibt es auch weitere lohnenswerte Futtermittel für den Pferdesenior: Hagebutten als Leckerli oder als Beigabe zu den Heucobs schmecken gut und könnten einen antioxidativen Effekt entfalten. Auch Ingwer als Tee zubereitet, kann die Ration geschmacklich interessant und eventuell entzündungshemmend zugleich werden lassen. Nimmt das Pferd ausreichend Nährstoffe auf, kann man sich auch den Altersbeschwerden des Bewegungsapparates zuwenden, um das Leben etwas angenehmer zu gestalten. Auch wenn alte Pferde nicht mehr geritten werden können, sollten sie sich trotzdem viel bewegen können und auch im Rahmen der Möglichkeiten bewegt werden. Gerade bei Arthrose ist regelmäßige Bewegung notwendig. Daher lohnt sich auch beim alten Pferd der Einsatz von Glucosamin, Chondroitin und Hyaluronsäure sowie Methylsulfonylmethan (MSM). Zudem kann man bei alten Pferden auch positive Effekte der Omega-Fettsäuren 3 und 6 aus Leinsamen, Leinöl, Hanföl oder nicht entöltem Grünlippmuschelextrakt bemerken.